Dominik kardinál Duka OP 
emeritní arcibiskup pražský

Gruß an den bayrischen Ministerpräsidenten Seehofer

Gruß an den bayrischen Ministerpräsidenten Seehofer

Am 20. Dezember 2010 hat Erzbischof von Prag Msgr. Dominik Duka den bayrischen Ministerpräsidenten Horst Ludwig Seehofer in Erzbischof im Palast des Erzbischofs in Prag begrüsst.

7. November 2011
Ansprachen / Vorlesungen

Sehr vereehrter Herr Ministerpräsident Horst Ludwig Seehofer,

ich darf Sie in der Residenz der Prager Erzbischöfe herzlich bergrüßen. Sie kommen aus der Heimat des Heiligen Vaters Benedikt des Sechzehnten, den wir in diesem Haus im September 2009 empfangen durften während der Feierlichkeiten anlässlich des Gedenktages der Geburt unseres heiligen Fürsten Václav/Wenzeslaus. Selbstverständlich wurde dabei auch an die Tatsache erinnert, dass das Christentum und seine Geschichte in unserem Land eng mit Bayern verbunden ist, insbesondere mit Regensburg, wo sich im Jahre 845 vierzehn böhmische Stammesfürsten taufen ließen. Dass ein Bistum in Prag gegründet werden konnte, dessen Geschichte und Erhebung zum Erzbistum die Sankt-Veitskathedrale vergegenwärtigt, die Sie soeben besucht haben, ist der Großzügigkeit des heiligen Bischofs Wolfgang zu verdanken, der begriffen hatte, dass ein selbständiger tschechischer Staat auch eine selbständige kirchliche Verwaltung brauchte.

Zwei totalitäre Ideologien haben im vorigen Jahrhundert das blühende und kulturell bedeutende Mitteleuropa zerrüttet und sein Herz, Böhmen/Böhmerland, schwer verwundet, am schmerzlichsten Prag. Unsere Hauptstadt hörte auf, ein Ort friedlichen Zusammenlebens tschechisch und deutsch sprechender Bewohner zu sein; unter den Repräsentanten der letzteren war uns Katholiken der Schriftsteller Franz Werfel der nächste. Unmittelbar darauf wurde die Stadt der eigenständigen, von Prag nicht wegzudenkenden bilingualen jüdischen Kultur völlig beraubt. Das Übel gipfelte dann in der Einführung der stalinistischen roten Diktatur, die uns von der zivilisierten Welt abgeschnitten hielt und ein halbes Jahrhundert lang eine Versöhnung und Vergebung verhinderte. Vor einem Monat erinnerten wir in diesem Haus an die zwanzigste Wiederkehr des gegenseitigen Austausches von Briefen zwischen der tschechischen und der deutschen Bischofskonferenz. Wir konnten erneut die beiderseitige Bereitschaft zur Fortsetzung des Versöhnungsprozesses bekräftigen, vor allem aber unsere Entschlossenheit, auch zukünftig eng zusammenzuarbeiten. Um eine solche Entwicklung haben sich in bedeutendem Maße unsere deutschen Landsleute verdient gemacht, vor allem die Ackermann-Gemeinde, die hier in der Person des Kanonikers Monsignore Anton Otte vertreten ist. Ich hoffe aufrichtig, Herr Ministerpräsident, dass Ihr Besuch auch einen wichtigen Beitrag dazu leistet, dass der Name München nicht mehr als Synonym für Verrat, Diktat, Verlust der Selbständigkeit verstanden wird, sondern künftig die Stadt bezeichnet, mit der uns fruchtbare Kontakte auf geistiger, kultureller und zwischenmenschlicher Ebene verbinden. So, wie es vor der nationalsozialistischen und der kommunistischen Zeit der Fall war.

Die Diktaturen habe ich nicht zufällig erwähnt. Wir wissen, dass sie es waren, die einen gemeinsamen, den Zweiten Weltkrieg einleitenden Pakt (Molotow-Ribbentropp-Pakt) abgeschlossen haben, weil sie Demokratie und Religionsfreiheit zutiefst hassten. Die wahren Demokraten und die wahren Gläubigen standen auf beiden Seiten auch in eindeutiger Opposition zu ihnen. In Prag wurden tschechoslowakische Reisepässe ausgegeben, damit die vor dem Nationalsozialismus fliehenden deutschen Bürger sich retten konnten. Aus München sprach zu uns die Stimme des Radio Freies Europa, in München setzten sich für die politische und die Religionsfreiheit in unserem Land auch Ihr Vorgänger im Amt Franz Josef Strauß sowie der verstorbene Erzbischof von München, Kardinal Julius Döpfner, ein.

Ihre Vorgänger durften nicht von meinen großen Vorgängern aus der Zeit der Unfreiheit begrüßt werden, weder von Kardinal Josef Beran noch von Kardinal František Tomášek. Es ist eine Freude für mich, dass ich es bin, der Sie bei uns empfangen darf. Vielen Dank für Ihren Besuch, seien Sie bei uns willkommen.

+ Dominik Duka OP